Alternativen , Bewerbung

Ablehnungsbescheid und jetzt? So kannst du trotzdem Medizin studieren

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Lena
09.07.2021
8 Min

Das es in jedem Semester viel mehr Studienbewerber/innen als Studienplätze gibt, das hast du bestimmt schon mal gehört. Laut Statistiken gibt es jedes Jahr rund drei- bis fünf Mal so viele Bewerber/innen wie Studienplätze. Das heißt, dass nur jede/r Dritte bis Fünfte die Chance auf ein Studium im Bereich Humanmedizin hat. Zum Sommersemester ist die Wahrscheinlichkeit, einen Studienplatz zu bekommen, leider noch viel geringer. Nur wenige Universitäten/Hochschulen bieten das Medizinstudium überhaupt im Sommersemester an.

Aufgrund der vielen Bewerber/innen häuft sich die Anzahl der Ablehnungsbescheide. Aber keine Angst! Wer einen Ablehnungsbescheid erhält, gehört mittlerweile zur Mehrheit. In diesem Beitrag wollen wir dir einige Möglichkeiten aufzeigen, mit denen du deine Chance auf eine Zulassung verbessern und deinen Traum vom Medizinstudium trotzdem erfüllen kannst.

Um gezielt an deinen Erfolgschancen zu arbeiten, solltest du dir einen genauen Plan machen. Natürlich kannst du es immer wieder mit derselben Bewerbung an den gleichen staatlichen Universitäten/Hochschulen versuchen. Allerdings solltest du dich dann nicht wundern, wieso es nicht mit der Zulassung auf einen Studienplatz klappt. Es gibt noch so viele Alternativen, die du stattdessen nutzen kannst, um einen Studienplatz zu erhalten.

Option 1: Praktische Erfahrungen sammeln

Solltest du dich dazu entscheiden, in Deutschland an einer staatlichen Universität/Hochschule studieren zu wollen, dann gibt es eine wesentliche Möglichkeit, deine Bewerbung noch attraktiver zu gestalten: praktische Erfahrungen!

Mit dem Masterplan 2020 hat sich das Auswahlverfahren für die Studiengänge im Bereich Medizin seit dem Wintersemester 2019/20 reformiert. Die Wartezeitquote gibt es nicht mehr. Im Gegenzug werdenden nun die praktischen Erfahrungen des/der Bewerbers/in bei der Bewerbung stärker berücksichtigt. Einige Universitäten/Hochschulen rechnen den künftigen Studenten/innen eine absolvierte Berufsausbildung, Berufserfahrung oder auch ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) an. Wie hoch die jeweilige Universität die unterschiedlichen Qualifikationen für die Bewerbung anrechnet, erfährst du in unserem Univergleich.

Mit 90 Tagen ist das Krankenpflegepraktikum die kürzeste praktische Erfahrung, die du vor dem Studium machen kannst. Dieses kannst du auch gern im Ausland absolvieren. Beachte, dass das Krankenpflegepraktikum nur dann für das Studium später angerechnet werden kann, wenn du mindestens 30 Tage am Stück tätig bist und das nicht innerhalb deiner Schulzeit/-ferien. Während des Praktikums kannst du sehr viel über den medizinischen Alltag erfahren. Dabei findest du möglicherweise noch besser heraus, ob der medizinische Beruf etwas für dich ist oder in welcher Fachrichtung du dich eventuell später einmal spezialisieren möchtest.

Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) dauert, wie der Name schon sagt, mindestens ein Jahr und ist damit um einiges länger als das Krankenpflegepraktikum, wenn du es in einem medizinischen Bereich absolvierst. Diese Zeit ist sehr vielseitig und sinnvoll, auch wenn du am Ende kein Medizin mehr studieren möchtest. Du lernst nicht nur Krankenhausabläufe kennen, sondern bekommst einen direkten Kontakt zu Patient/innen. Dabei erfährst du, wie schwer die Arbeit im Krankenhaus oder allgemein in Pflegeeinrichtungen sein kann, egal ob du Arzt/Ärztin, Pfleger/in oder Praktikant/in bist.

Die längste praktische Erfahrung machst du innerhalb einer Berufsausbildung in der medizinischen Branche (wie z. B. zum/zur Krankenpfleger/in, Rettungsassistent/in oder Hebamme). Die Ausbildung dauert in der Regel drei Jahre. Meist wirst du schon ab dem ersten Lehrjahr bezahlt, sodass du monatlich ein geregeltes Einkommen hast. Während der Ausbildung sammelst du für das Studium wertvolle Kenntnisse und Erfahrungen. Du lernst, wie man mit den Patient/innen und Angehörigen umgeht, wie man Infusionen oder Verbände anlegt, wie bestimmte Medikamente wirken und wie der Krankenhausalltag funktioniert.

Auch wenn du vor deiner Bewerbung auf einen Medizinstudienplatz praktische Erfahrungen bei einer der drei Möglichkeiten gesammelt hast, ist dir kein Studienplatz garantiert. Die Erfahrungen können deine Chancen lediglich erhöhen oder dir einen leichten Vorteil gegenüber deinen Mitbewerber/innen verschaffen.

Option 2: Im Ausland studieren

Das Studium im Ausland ist für viele eine attraktive Alternative zum Medizinstudium in Deutschland, wenn sie einen Ablehnungsbescheid erhalten haben. Bevor du dich aber dafür entscheidest, im Ausland zu studieren, solltest du dich gut darüber informieren. Auch wenn solch ein Studium an privaten ausländischen Universitäten/Hochschulen sehr teuer sein kann, gibt es viele Länder, in denen die Lebensunterhaltungskosten umso niedriger sind. Außerdem hast du die Möglichkeit, ebenso wie in Deutschland, an kostengünstigeren staatlichen Institutionen zu studieren.

Wer sich im Ausland auf einen Medizinstudienplatz bewerben will, sollte sich im Vorhinein einige Fragen durch den Kopf gehen lassen. Wie viel Geld habe ich für das Studium zur Verfügung? In welcher Sprache möchte ich studieren? Wie weit möchte ich von meinem Heimatland entfernt sein?

Auch ausländische Universitäten/Hochschulen rechnen ihren Bewerber/innen praktische Erfahrungen in der Branche positiv an. Ob Krankenpflegepraktikum, FSJ, Berufsausbildung oder das Absolvieren eines Leistungskurses in den Naturwissenschaften: Alle bereits erbrachten Leistungen wirken sich positiv auf deine Bewerbung aus. Informiere dich am besten direkt bei der Universität/Hochschule deiner Wahl, wie du Bonuspunkte bei der Bewerbung sammeln kannst!

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Studium im Ausland ist natürlich die Sprache. Auch wenn einige ausländische Universitäten/Hochschulen das Medizinstudium auf Deutsch (z.B. Semmelweis Universität Budapest, Universität Szeged, Universität Pecs, Medizinische Universität Wien, Medizinische Universität Innsbruck, Medizinische Universität Graz und andere) anbieten, ist es hilfreich, die Landessprache zu verstehen.

Abgesehen von hohen Studiengebühren haben viele Universitäten/Hochschulen im Ausland leider auch ein sehr aufwendiges und kompliziertes Auswahlverfahren. Dies besteht oft aus naturwissenschaftlichen oder standardisierten Tests, welche die Reaktionsfähigkeit, den Umgang mit Stress oder die Kognition des/der Bewerbers/in prüfen. Außerdem werden die Bewerber/innen in Arzt-Patienten-Gesprächen oder Interview-/Interaktionsszenarien getestet und ihr Umgang mit unbekannten, herausfordernden Situationen begutachtet.

Option 3: Medizin an einer privaten Universität studieren

Neben den staatlichen Universitäten/Hochschulen gibt es 6 private Universitäten/Hochschulen in Deutschland:

Das private Studium ist in der Regel ziemlich teuer. Allerdings bieten dir diese Universitäten/Hochschulen auch noch nach einem Ablehnungsbescheid von einer staatlichen Universität/Hochschule die Möglichkeit, deinen Traum vom Medizinstudium zu verwirklichen.

Viele private Universitäten/Hochschulen stellen ihren Bewerber/innen auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Mithilfe von Darlehen, einem Studienkredit oder einem Stipendium kannst du das Studium an einer privaten Universität/Hochschule einfacher finanzieren, als du denkst. Falls du dich genauer zu diesem Thema informieren möchtest, dann lies am besten unseren Beitrag zum Thema „Medizinstudium an einer privaten Universität: Ja oder Nein?“.

Da die privaten Universitäten nur sehr wenige Studienplätze anbieten, erwartet die Bewerber/innen ein sehr aufwendiges Auswahlverfahren. Dabei haben sie die Möglichkeit zu zeigen, wer sie sind und wie viel Motivation sie mitbringen. Gleichzeitig wird die Abiturnote nicht so stark gewichtet wie im üblichen Auswahlverfahren. Dafür stehen die praktischen Erfahrungen viel mehr im Vordergrund und sind maßgeblich für die Zulassung.

Oft wird ein absolviertes Praktikum bei der Bewerbung auf einen Medizinstudienplatz vorausgesetzt. Hier gilt: Je mehr, desto besser! Je mehr Erfahrungen du gesammelt hast, umso deutlicher machst du deine Motivation für das Medizinstudium. Informiere dich am besten direkt bei der Website der Universität/Hochschule deiner Wahl über die Bedingungen für eine Bewerbung.

Essenziell für die erfolgreiche Bewerbung an einer Privatuniversität/privaten Hochschule ist das persönliche Gespräch. Während einer Art Interview möchte dich die Auswahlkommission kennenlernen und erfahren, was deine Stärken und Schwächen sind und ob du für den späteren Beruf geeignet bist.

Option 4: Quereinstieg in höheres Fachsemester

Der Weg zum Medizinstudium kann auch einen naturwissenschaftlichen Umweg beinhalten. Es gibt unzählige zulassungsunbeschränkte Studienfächer, die dem Medizinstudium sehr nah kommen oder einen ähnlichen Bereich abdecken. So kann man in der Regel erst mal ein medizinnahes Studium ohne Wartezeit und ohne zusätzliches Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) beginnen, nachdem du einen Ablehnungsbescheid für das Medizinstudium erhalten hast.

Der Trick bei einem Quereinstieg ist folgender: Du versuchst so viele Scheine (absolvierte Fächer) wie möglich zu sammeln, um diese später für das Medizinstudium angerechnet zu lassen. So kannst du ohne Zeitverlust sofort in ein höheres Semester (in der Regel das zweite Semester) einsteigen. Wenn du mehr zum Thema Quereinstieg wissen möchtest, dann solltest du dir unseren Beitrag „Der Quereinstieg ins Medizinstudium – Auf Umwegen ans Ziel“ ansehen. Dort erklären wir dir den kompletten Ablauf des Quereinstiegs und was du dabei alles beachten musst.

Die Regelung des Quereinstieges in ein höheres Fachsemester im Bereich Medizin unterscheidet sich je nach Universität/Hochschule. Allgemein gilt aber: Für den Wechsel zum Studiengang Medizin benötigt man zwei „große“ und zwei „kleine“ Scheine. Nur so kannst du dir ein komplettes Semester anrechnen lassen.

Solltest du über einen Quereinstieg nachdenken, dann wende dich am besten an das Landesprüfungsamt in dem Bundesland, in dem du geboren bist. Dort erfährst du dann, welche Regelungen für dich gelten. Um die Chancen auf einen erfolgreichen Quereinstieg zu erhöhen, solltest du dich bei so vielen Universitäten/Hochschulen wie möglich bewerben.

Masterplan 2020: was hat sich geändert?

Wie wir schon in dem Beitrag „Masterplan 2020: Das Medizinstudium der Zukunft“ beschrieben haben, haben sich die Zulassungsregelungen ab dem Jahr 2020 verändert. Ab dem Wintersemester 2019/20 gelten für dich folgende Veränderungen für die Zulassung und den Ablauf des Medizinstudiums:

  • staatlicher Studierfähigkeitstest mit kostenloser und wiederholbarer Teilnahme als Auswahlkriterium
  • Lehrangebote und Förderprogramme mit Einblick in die Allgemeinmedizin innerhalb des Studiums
  • einheitliches, transparentes Auswahlverfahren
  • nur noch eine Auswahlquote
  • neue Kriterien innerhalb des Auswahlverfahrens:
    • Ergebnis des fachspezifischen Studierfähigkeitstests
    • Abiturnote
    • abgeschlossene Berufsausbildung
    • Freiwilligendienste z. B. Freiwilliges Soziales Jahr
  • Abschaffung der Wartezeitquote
  • Einrichtung von allgemeinmedizinischen Lehrstühlen
  • veränderte Studienplatzvergabe: 10 % der Studienplätze an Studierenden, die sich verpflichten, für mindestens zehn Jahren in einer Landarztpraxis zu praktizieren

Für dich heißt das dann, dass deine Vorbereitungen für eine erfolgreiche Bewerbung anders aussehen werden. Du solltest deine Bewerbungsstrategie am besten an die neuen Regelungen anpassen.

Podcast zum Artikel

In dieser Podcast-Episode erklären dir unsere Autoren Schritt für Schritt begleitend zum Artikel, welche weiteren Möglichkeiten du hast, sollte es mit deinem Studienplatz vorerst noch nicht geklappt haben!

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Lena

Lena studiert Psychologie an der Uni Magdeburg und ist freiberufliche Autorin bei Medizinstudium.io. Ein Medizinstudium wäre ihr Plan B gewesen, sodass sie sich thematisch für den gesamten Bereich begeistern kann. Nicht zuletzt, weil auch ihr Freund Medizinstudent ist. Ihre Themenschwerpunkte liegen bei der Bewerbung, den Medizinertests, dem Univergleich und psychologischen Inhalten.