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Unterschiede: Modellstudiengang vs. Regelstudiengang

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Justin
06.06.2021
4 Min

Den meisten Bewerber/innen geht es in erster Linie darum, einen Studienplatz für Medizin zu erhalten. Dabei ist es häufig zweitrangig, an welcher Universität das Angebot von Hochschulstart ausgesprochen wird und ob diese nun den Regelstudiengang oder den Modellstudiengang anbietet. Doch was ist der Modellstudiengang? Was ist der Regelstudiengang? Im folgenden werden beide Studiengänge und ihre Unterschiede erklärt.

Regelstudiengang

Der Regelstudiengang ist die Ursprungsform des Medizinstudiums und wird bereits seit sehr langer Zeit unterrichtet. Der Großteil der derzeit praktizierenden Ärzte und Ärztinnen haben über diese Art von Studium die Approbation erlangt.

Struktur

Der Regelstudiengang wird in drei Studienabschnitte unterteilt:

  1. Vorklinik (1.-4. Semester) → 1. Abschnitt der ärztlichen Prüfung (Physikum)
  2. Klinik (5.-10. Semester) → 2. Abschnitt der ärztlichen Prüfung (Hammerexamen)
  3. Praktisches Jahr (11. und 12. Semester) → 3. Abschnitt der ärztlichen Prüfung

Die Vorklinik beinhaltet Fächer wie:

  • Anatomie
  • Biologie
  • Chemie
  • Physik
  • Biochemie
  • Physiologie
  • Medizinische Soziologie
  • Psychologie

Die Klinik beinhaltet Fachrichtungen wie:

  • Innere Medizin
  • Chirurgie
  • Neurologie
  • Radiologie
  • Pharmakologie
  • Psychiatrie usw.

Der Ablaufplan variiert im Regelstudiengang von Universität zu Universität nur sehr wenig.

Vor- und Nachteile

Der Regelstudiengang profitiert von seiner klaren Struktur in der Vorklinik. Im Fokus steht die strukturierte Vermittlung der Grundlagenfächer, um bestmöglich auf das Physikum und die anschließende Klinik vorzubereiten. Allerdings entsteht in diesem Zuge auch ein immenser Druck, da sich Studierende in den ersten vier Semestern regelmäßig in zahlreichen mündlichen und schriftlichen Prüfungen beweisen müssen. Oftmals sind diese zeitlich so gelegt, dass das Durchfallen in einer Prüfung durchaus zum „Nichtbestehen“ der darauffolgenden führen kann, da die Wiederholungstermine ebenso in die Prüfungsphase gelegt werden können. So kann es dazu kommen, dass die Regelstudienzeit von ca. 6 Jahren nicht eingehalten werden kann.
Darüber hinaus sticht hervor, dass teilweise Inhalte nach wie vor vermittelt werden, die keine klinische Relevanz besitzen. Dieses Wissen muss für die Prüfungen trotzdem gelernt werden und führt so schnell zur Frustration.

Trotz des immensen Wissens mangelt es den Studierenden oftmals an praktischer Erfahrung. Obwohl in den ersten vier Semester mittlerweile der Kurs „Einführung in die klinische Medizin“ (kurz EKM) mit in das Lehrprogramm integriert wurde, findet der erste richtige Patientenkontakt erst nach Bestehen des Physikums statt.

VorteileNachteile
Extrem detailliertes WissenSehr viel Lern- und Zeitdruck
Sehr gutes medizinisches GrundverständnisViele schriftliche und mündliche Prüfungen auch im Semester
Klare Aufteilung der FächerWenig Patientenkontakt in den ersten Jahren
Inhalte werden im Kontext und zusammenhängend vermitteltTeilweise werden irrelevante Inhalte nicht aus dem Lehrplan gestrichen
Regelmäßige Überprüfung erfordert kontinuierliches Lernen: Dadurch weniger WissenslückenRegelstudienzeit wird aufgrund hohem Druck oft nicht eingehalten
Uniwechsel wesentlich unkomplizierter

Welche Universitäten bieten den Regelstudiengang an?

Hier findest du eine detaillierte Übersicht, welche Universitäten den Regelstudiengang anbieten.

Modellstudiengang

Der Modellstudiengang bietet den frühzeitigen Patientenkontakt. Er stellt in diesem Punkt quasi eine überarbeitete Version des Regelstudiengangs dar. Bereits im ersten Semester begeben sich die Studierenden einmal pro Woche ins Krankenhaus, um erste Basisuntersuchungen an Patient/innen zu erlernen.

Struktur

Die Struktur des Modellstudiengangs schwankt von Universität zu Universität. In diesem Beitrag soll die Charité in Berlin als Vertreter dienen. Im Gegensatz zum Regelstudiengang gibt es z.B. kein herkömmliches Physikum mehr. Es wurde durch ein sogenanntes „Physikumsäquivalent“ ersetzt. Dieses Äquivalent besteht aus mehreren Prüfungen, die sowohl mündlicher, schriftlicher als auch praktischer Natur sind. Im Gegensatz zum herkömmlichen Physikum finden diese Prüfungen nicht am Abschluss des vierten Semester auf einmal statt, sondern nehmen in der Regel einen Zeitraum von mehreren Semestern ein. Das Gefühl und der Druck einer Abschlussprüfung kommt dementsprechend nicht direkt auf.

Der Ablauf findet in Modulen oder „Organsystemen“ statt. Grundlagenfächer wie Biochemie oder Anatomie werden nicht mehr einzeln Unterrichtet. Vielmehr sollen beispielsweise im Modul „Erkrankungen des Thorax“ fächerübergreifend die verschiedenen klinischen Bilder und Krankheiten unterrichtet und später in anderen Fachbereichen noch einmal aufgegriffen und wiederholt werden. Dieses Prinzip nennt die Charité „Lernspirale“ (Inhalte aus früheren Semester werden zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal wiederholt).

Vor- und Nachteile

Der Modellstudiengang profitiert von seinem praxisorientierten Format in Form von „UaK’s“ (Unterricht am Krankenbett) ab dem ersten Semester. Darüber hinaus gestaltet sich die Prüfungszeit wesentlich flexibler und entspannter. Während Studierende im Regelstudiengang gerne mal acht Semesterabschlussprüfungen absolvieren müssen, sind die Prüflinge der Charité in der Regel nur einer Prüfung (bis max. 3) pro Semester ausgesetzt, welche je nach Belieben am Anfang oder Ende des Semesters geschrieben werden kann.

Nichtsdestotrotz besteht die Gefahr, dass durch das neue Lernkonzept gewisse Inhalte auf der Strecke bleiben, da nicht alle Fächer strukturiert, sondern nur im Zusammenhang mit ausgewählten Krankheiten unterrichtet werden. Die Anatomie beispielsweise wird zu den unterschiedlichen Organsystemen unterrichtet, allerdings nicht am Stück.

VorteileNachteile
Sehr praxisorientiert (UaK, POL, KIT)Inhalte bleiben teilweise auf der Strecke
Oftmals flexiblere PrüfungsphaseEigenes Wissen von eigener Disziplin abhängig
Weniger Druck während des SemestersUnterricht im Krankenhaus sehr stark vom Dozenten/in abhängig
Kein herkömmliches Physikum mehr (Physikumsäquivalent)
Klinisch irrelevante Inhalte teilweise bereits aussortiert
Weniger Pflichtveranstaltungen

Welche Universitäten bieten den Modellstudiengang an?

Hier findest du eine detaillierte Übersicht, welche Universitäten den Modellstudiengang anbieten.

Unterschiede: Modellstudiengang vs. Regelstudiengang im Überblick

Beide Formen des Studiums, Regelstudiengang oder Modellstudiengang, haben ihre Vor- und Nachteile. Letztendlich wäre eine gesunde Mischung aus beiden Studiengängen vermutlich der ideale Mittelweg. Nichtsdestotrotz möchten wir dir noch einmal im Überblick Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzählen.

RegelstudiengangModellstudiengang
PatientenkontaktBis zum dritten Semester sehr wenigBereits ab dem ersten Semester sehr viel
PhysikumHerkömmliches PhysikumPhysikumsäquivalent
PrüfungenSehr viele PrüfungenEher weniger Prüfungen
Druck/StressBesonders in den ersten vier Semester sehr hochÜber das gesamte Studium verteilt weniger
FachwissenIn der Regel viel FachwissenFachwissen stark von Eigendisziplin abhängig
Anteil an irrelevanter/veralteten Fakten/LehrmethodenRelativ hochRelativ niedrig
RegelstudienzeitWird durch Schweregrad und Anzahl an Prüfungen öfter nicht eingehaltenWird häufiger eingehalten
StudienplatzwechselWesentliche einfacher Wesentlich schwerer (Da große Varianz an Universitäten + Wechsel von Modell- nach Regelstudiengang nicht möglich)

Ob du dich am Ende für eine Universität entscheidest, die den Modellstudiengang oder den Regelstudiengang anbietet, ist natürlich dir überlassen. Am Ende bleibt für die meisten Bewerber/innen jedoch das Erhalten eines Studienplatzes sowieso an erster Stelle.

Podcast und Youtube-Video zum Artikel

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Im Podcast „Küchenmedizin“ klären dich Lucas und Justin über die verschiedensten Themen bezüglich der Bewerbung für das Medizinstudium auf. In dieser Episode berichten die beiden aus erster Hand, begleitend zum Artikel, von den Unterschiede zwischen Modell- und Regelstudiengang. Darüber hinaus diskutieren sie, welcher der beiden für dich der richtige sein könnte!

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Justin

Justin ist gebürtiger Hamburger, 24 Jahre alt und studiert Medizin im fünften Jahr an der Uni Magdeburg. Neben seiner Autorentätigkeit bei medizinzinstudium.io führt er mit seinem Mitbewohner den erfolgreichen Podcast “Küchenmedizin”, in welchem die beiden über die Bewerbung für das Medizinstudium aufklären, tiefe Einblicke in das Studium geben und interessante Gäste wie z.B. Ärzt/innen aus verschiedenen Fachrichtungen oder Betroffene verschiedener Krankheitsbilder interviewen.